Theater der Zeit

36 Punkte zum maßlosen Schaffen unserer Werke

von Signa Köstler

Erschienen in: CHANGES – Berliner Festspiele 2012–2021. Formate, Digitalkultur, Identitätspolitik, Immersion, Nachhaltigkeit (10/2021)

Assoziationen: Performance SIGNA

Liebe Kolleg*innen,

ich wurde gebeten, heute und hier einen Impuls zu geben. Ich habe die ehrenwerte Aufgabe, Mut zur Maßlosigkeit einzuflößen.

Ich muss mich in Zeiten wie diesen an Schriftsteller*innen wie Georges Bataille klammern und erkennen, dass (ich zitiere) „unser bestimmendes Moment der Überfluss ist, die Überfülle an Energie, und unser Ausgangspunkt ist die Sonne, die nichts als Verschwendung ist“.

In meiner Vorstellung fordert die Kunst an sich eine Grenzenlosigkeit.

Gegenüber dieser Forderung fühle ich mich gering, denn das Grenzenlose hat keinen Meister und seine Arbeit ist nie vollendet.

Es ist gänzlich unbequem, das Unmögliche zu begehren, aber das Mögliche erbleicht im Vergleich.

Das maßlose Schaffen ist eine ungesunde Besessenheit, egal, unter welchen Bedingungen, und ja, unsere Leidenschaften beuten uns aus und werden uns schließlich fressen, aber sind sie nicht das schönere Raubtier als die Biester, die uns sonst erbeuten?

Also 36 Punkte zum maßlosen Schaffen unserer Werke:

1. Wir müssen unsere Werke an der äußersten Front aufbauen. Die Grenzen sind zu verletzen.

2. Wir müssen mit Verlusten rechnen, denn schädliche Elemente dürfen nicht verbannt werden. Wer am Messer leckt, zerschneidet sich die Zunge.

3. Unser Blick muss bis über den Überblick hinaus reichen, um sich dort zu verlieren. Wir...

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