Auftritt
Residenztheater München: Demokratie auf dem Totenschiff
Robert Borgmann, nach Aischylos’ Eumeniden: „Athena. Orestie III“ – Inszenierung, Raum und Musik, Robert Borgmann, Kostüme: Birgit Bungum
von Elisabeth Maier
Assoziationen: Bayern Theaterkritiken Robert Borgmann Residenztheater
DJ Robert Borgmann spielt Techno-Musik. Zwischen Klangfetzen hämmert sich das Wort „Demokratie“ in die Köpfe des Publikums ein. Die elektronische Dauerschleife berührt. In einem riesigen Wasserbassin steht der Muttermörder Orest, der sich vor den Göttern und vor den Menschen verantworten muss. Mit dem letzten Teil der Orestie „Die Eumeniden“ hat Aischylos einen Gründungsmythos der attischen Demokratie geschrieben. Im Marstall des Residenztheaters München setzte Borgmann die musiktheatrale Installation in Szene. Dabei reizt der Gesamtkünstler nicht nur visuell die Extreme aus. Der Stoff aus der griechischen Mythologie hat aus seiner Perspektive beklemmende Parallelen zum Zerfall Europas in der Gegenwart.
„Athena“ ist der dritte und letzte Teil der Münchener Orestie am Residenztheater. Mit Ulrich Rasches „Agamennon“ und Elsa-Sophie Jachs „Die Fliegen“ ist die Reihe nun komplett. Anfang des 19. Jahrhunderts diente die heutige Marstall-Bühne als Hofreitschule für die Münchener Adelsgesellschaft. Borgmann verwandelt das klassizistische Gebäude des Architekten Leo von Klenze in einen Tempel. Da bittet Orest die Göttin Athene um Vergebung: „Du, Göttin, nimm den Mörder gnädig auf.“ Er hat seine Mutter Klytämnestra getötet, um ihren Mord an seinem Vater Agamemnon zu rächen. Schlafwandlerisch bewegt sich Thiemo Strutzenberger auf dem Podest. In Aischylos’ großer, von Walter Jens in rhetorische Wortkunst übersetzter Sprache, denkt...
Erschienen am 1.3.2024
