Theater der Zeit

Manifest

von ASSITEJ

Erschienen in: IXYPSILONZETT: IXYPSILONZETT 01/2021 – Machen. 27 starke Positionen zum ASSITEJ Manifest – für mehr Teilhabe, Gleichberechtigung und strukturellen Wandel im Theater für junges Publikum (05/2021)

Assoziationen: Kinder- & Jugendtheater Recht

Anzeige

Anzeige

Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Teilhabe an Kunst und Kultur, auch und gerade in Krisenzeiten

1. Alle Bürger*innen werden aufgefordert: 1.1 für das Recht aller Kinder und Jugendlichen auf gleichberechtigte Teilhabe an Kunst und Kultur einzutreten und sich als Lobbyist*innen für diese Rechte weltweit zu vernetzen; 1.2 Partnerschaften zu stiften zwischen Künstler*innen und den Organisationen oder Institutionen, die Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder aus Risikolagen betreuen, um den Zugang zu den Künsten in allen Kontexten zu gewährleisten, z. B. für Geflüchtete, Kinder in Krankenhäusern, Waisenhäusern und Pflegeheimen, junge Straftäter*innen; 1.3 dieses Manifest in möglichst vielen Zusammenhängen weiterzugeben und es in unterschiedlichen Zusammenhängen nutzbar zu machen oder entsprechend anzupassen.

2. Die nationalen Regierungen werden aufgefordert: 2.1 ressortübergreifende Strategien für die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Ministerien zu entwickeln, damit Kinder durch die Teilhabe an Kunst und Kultur in all ihren Interessen und Rechten gefördert und unterstützt werden (z. B. sollten die Ministerien für Kultur, Gesundheit, Bildung, Umwelt, Soziales, Jugend, Familien und Wirtschaft zusammenarbeiten); 2.2 politische Maßnahmen zu ergreifen, die die kulturellen Rechte von Kindern und Jugendlichen als Voraussetzung für eine positive – sowohl wirtschaftliche als auch gesellschaftliche – Entwicklung und die Zukunftsfähigkeit des Gemeinwesens begreifen.

3. Die politischen Parteien werden aufgefordert: 3.1 in ihren eigenen Programmen auf die Artikel 13 und 31 der UN Kinderrechtskonvention zu verweisen und ihre Umsetzung als prioritär zu benennen; 3.2 langfristige, inklusive Strategien zu beschreiben, die insbesondere die Artikel 13 und 31 der UN Kinderrechtskonvention als Querschnittsaufgabe begreifen sowie die Bereitstellung entsprechender Mittel für die Umsetzung dieser Strategien vorsehen; 3.3 Leitlinien für Lehrpläne und Curricula zu formulieren, die Zugänge zu Kunst und Kultur als grundlegend beschreiben; 3.4 Kinder und Jugendliche in Entscheidungsprozesse und Strategieentwicklung einzubeziehen.

4. Die Bildungsministerien werden aufgefordert: 4.1 Kreativität, Spiel und die Künste zu einem integralen und wesentlichen Bestandteil des Lehrplans während der gesamten Schulzeit zu machen, einschließlich Kinder im Vorschulalter und Kinder mit Behinderungen; 4.2 zu gewährleisten, dass die Künste in der Ausbildung der Lehrkräfte eine Rolle spielen; 4.3 sicherzustellen, dass die Begegnung mit Künstler*innen und Kunstschaffenden als Expert*innen ein integraler Bestandteil des schulischen Alltags und der Schulprofile ist; 4.4 aktiv für Teilhabe einzutreten und den Einfluss wirtschaftlicher, sozialer, geografischer und sonstiger Hindernisse für die Teilhabe an Kunst und Kultur mit entsprechender Förderung und Finanzierung zu minimieren.

5. Die Kunst- und Kulturministerien werden aufgefordert: 5.1 langfristige und durchdachte Förderprogramme mit ausreichender Finanzierung aufzulegen und politisch zu begleiten, um die gleichberechtigte und uneingeschränkte Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen an Kunst und Kultur zu gewährleisten; 5.2 zu gewährleisten, dass es inklusive Angebote von hoher Qualität gibt, die alle Kinder und Jugendlichen erreichen; 5.3 für eine angemessene Bezahlung der Akteur*innen zu sorgen, egal ob die Angebote sich an Kinder, Jugendliche oder Erwachsene richten; 5.4 dafür zu sorgen, dass Kunst und Kultur für Kinder und Jugendliche mindestens entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung gefördert und finanziert werden. 5.5 aktiv Austausch und Recherche zu Best Practice-Modellen für die Förderung von Kulturangeboten für Kinder und Jugendliche und ihre Familien zu fördern. Die künstlerische Arbeit von Kindern und Jugendlichen braucht eine kontinuierliche Evaluation und Weiterentwicklung der Förderinstrumente, um in diesem Bereich – auch im weltweiten Vergleich – höchstmöglichen Standards zu genügen.

6. Städte, Gemeinden und Landkreise werden aufgefordert: 6.1 die Bedeutung der Künste – als eigene Aktivität und als Begegnung mit professioneller Kunst – für jedes Kind und jede*n Jugendliche*n anzuerkennen; 6.2 Ressourcen, öffentliche Orte und zentrale Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, um allen Kindern und Jugendlichen und ihren Familien die Teilhabe an Kunst und Kultur zu ermöglichen; 6.3 Partnerschaften zwischen Bildung und Kultur und ihren Institutionen zu fördern.

7. Stiftungen und Förderer werden aufgefordert: 7.1 ihre Programme so auszurichten, dass sie inklusiv, divers und offen für vielfältige Perspektiven sind; 7.2 zu gewährleisten, dass die Arbeit für Kinder, Jugendliche und Familien der Arbeit für Erwachsene gleichgestellt und entsprechend wertgeschätzt und gefördert wird; 7.3 Künstlerische und kulturelle Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien zu einem Schwerpunkt ihrer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Bund, Ländern und Kommunen zu machen; 7.4 ausreichende Mittel für Kunst für Kinder, Jugendliche und Familien bereitzustellen, so dass hohe künstlerische Qualität mit niedrigen Eintrittspreisen einher gehen kann.

8. Kultur institutionen (Theater usw.) werden aufgefordert: 8.1 in ihrer Arbeit für Kinder und Jugendliche die höchstmögliche Qualität anzustreben; 8.2 die künstlerische Arbeit für Kinder, Jugendliche und Familien zu einer zentralen Säule ihrer Programmplanung zu machen; 8.3 sicherzustellen, dass sowohl die Bildungsbehörden als auch die Bildungsinstitutionen als Partner*innen und Adressat*innen ihrer Arbeit angesehen werden; 8.4 sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche auf allen Ebenen an Entscheidungen beteiligt werden; 8.5 Zugangsbarrieren für ihre Angebote sowie ihre Institutionen und Gebäude abzubauen.

9. Schulen, Kindergärten und andere Bildungseinrichtungen werden aufgefordert: 9.1 mit den zuständigen Ministerien zusammen zu arbeiten, um Kunst und Kultur zu einem integralen Bestandteil der Curricula und Schulprofile zu machen; 9.2 Kindern und Jugendlichen ausreichend Zeit zum Spielen und für die Beteiligung an kreativen und künstlerischen Aktivitäten zu geben; 9.3 Kindern und Jugendlichen den Zugang zu einem möglichst breiten Spektrum kultureller Erfahrungen zu ermöglichen; 9.4 Eltern und Betreuer*innen zu ermutigen, die künstlerischen Leistungen und Erfahrungen ihrer Kinder zu würdigen; 9.5 die Begegnung mit den Künsten und eigenes künstlerisches Tun und zu einem integralen Bestandteil des gesamten (Lern-)Alltags zu machen.

10. Die Medien werden aufgefordert: 10.1 der Kunst und Kultur für Kinder, Jugendliche und Familien mehr Beachtung zu schenken und fundiert darüber zu berichten; 10.2 sicherzustellen, dass Angebote für Kinder, Jugendliche und ihre Familien für alle zugänglich und von höchster Qualität sind und dass sie Vielfalt zeigen – im Alltag der Lebenswelten, in der gelebten Kultur und in praktizierter Mehrsprachigkeit; 10.3 ihrer besonderen Verantwortung für Kinder, Jugendliche und Familien gerecht zu werden, insbesondere dann, wenn sie öffentlich-rechtliche Medienanstalten sind.

11. Selbstverpflichtung: ASSITEJ wird 11.1 mit professionellen Künstler*innen und allen relevanten Akteur*innen zusammenarbeiten, um konkrete Maßnahmen zur Unterstutzung der Darstellenden Künste für ein junges Publikum auf nationaler, regionaler und globaler Ebene zu umzusetzen und in der Diskussion weiter zu entwickeln; 11.2 Best Practice-Beispiele für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Kunst und Bildung sowie der zuständigen Institutionen in Politik und Verwaltung zu sammeln und als Katalog erfolgreicher Modelle zugänglich zu machen; 11.3 immer wieder zeigen, dass die Auseinandersetzung und Begegnung mit Kunst für Wohlbefinden und Gesundheit unverzichtbar sind; 11.4 Expert*innen unterschiedlicher Felder dazu einladen, die Einbeziehung von Kunst und Kultur und ihre Auswirkungen in Feldern wie Bildung, Gesundheit und Soziales weiter zu erforschen; 11.5 Materialien zur Verfügung stellen und die ASSITEJ Mitglieder darin bestärken, dieses Manifest und seine Anliegen zu vertreten; 11.6 die Mitglieder dabei unterstützen, dieses Manifest zu erweitern und die Rechte aller Kinder und Jugendlichen auf Teilhabe an Kunst und Kultur zu gewährleisten.

www.assitej.de

teilen:

Assoziationen

Neuerscheinungen im Verlag

Charly Hübner Buch backstage
Cover XYZ Jahrbuch 2023
Recherchen 162 "WAR SCHÖN. KANN WEG …"
"Scène 23"
"Zwischen Zwingli und Zukunft"
Recherchen 165 "#CoronaTheater"
"Die Passion hinter dem Spiel"
Arbeitsbuch 31 "Circus in flux"
"Passion Play Oberammergau 2022"
Recherchen 163 "Der Faden der Ariadne und das Netz von Mahagonny  im Spiegel von Mythos und Religion"
Passionsspiele Oberammergau 2022
"Theater der Vereinnahmung"
Recherchen 156 "Ästhetiken der Intervention"
"Pledge and Play"