Schon zu Beginn meines Vortrags im Rahmen der Tagung „Vorstellung Europa – Performing Europe“ musste ich eingestehen, dass die Zuspitzung von Krisenmomenten, denen sich die EU augenblicklich sowohl institutionell als auch ideell ausgesetzt sieht, ein gewisses Einschüchterungspotential besitzt, das mich befangen sein lässt. Und seither ist es nicht besser geworden: Die Vorstellung, die Europa dabei aktuell als politische Idee aufführt bzw. als Phantasma anbietet, ist geprägt durch eskalierende, eng aufeinander bezogene Konflikte. Diese verschärfen eine ohnehin schon problematische Situation der EU, eine europäische Identität in einem postnationalen Raum ohne das verbindlich erscheinende, narrative Konzept etablieren zu wollen. Selbst während ich diesen Text schreibe, wirken die nationalen Impulse, die sich exemplarisch im gerade per Referendum beschlossenen ‚Brexit‘ oder im Beharren einiger Länder auf der Rückkehr zu Grenzkontrollen und partiellen Grenzschließungen artikulieren, als Zentrifugalkraft auf die Einigungsidee Europas und seiner Institutionen. Es zeigt sich, dass der notwendige Schritt von einer subjektiven Identifikation mit Europa zu einer europäischen Identitätskonstruktion, d. h. der Wechsel vom Stand eines individuellen Bekenntnisses in einen politisch wirksamen Aggregatzustand – und damit auch hin zu der Möglichkeit, einer subjektiven Befangenheit produktiv zu begegnen –, noch nicht gemacht ist. Dazu müsste nämlich, folgt man der makrosoziologischen Argumentation von Klaus E...