5.2. Kontextualität und Ähnlichkeit
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
Wie lassen sich die Nachbarschaftsverhältnisse genauer definieren, nach denen in der Metonymie ein Wort das nächste nach sich zieht? An dieser Stelle erweitert Lacan Jakobsons Begriffsbildung, die in einem präsenzmetaphysischen Rahmen verbleibt. Denn das Kriterium der »Kontextualität«, das Jakobson als ausschlaggebend für die syntagmatische Wortverknüpfung qua Kontiguitätsrelation betrachtet, reduziert sich für diesen ausschließlich auf die semantische und diskursive Ebene, auf den sogenannten Bedeutungshof der einander assoziierenden Begriffe. Das heißt, das Segel zieht für Jakobson zwar notwendig das Schiff nach sich, nicht aber Worte, die in anderer Weise mit dem Segel benachbart sind – vielleicht Reimworte wie »Egel« oder »Schlegel« oder eben auch durch völlig andere Korrespondenzen angezogene Lautbildungen. Der Prozess der Wortverkettung wird in dieser Perspektive also auf einen rein logischen Vorgang verkürzt. Das führt unter anderem dazu, dass Jakobson metonymische Kontiguität als poetisches Mittel vor allem in den Detailbeschreibungen des literarischen Realismus Tolstojs am Werk sieht – obwohl er dann andererseits auch den Zerstückelungstechniken des Kubismus eine offensichtliche »metonymische Orientierung« zuspricht.75 Vor allem aber betrachtet Jakobson die Schnittkunst des Films, die einzelne Detailaufnahmen beliebig aneinanderreihen kann, als metonymische Technik – ohne allerdings zu thematisieren, dass die einzelnen Aufnahmesegmente jenseits ihrer linearen und diskursiv gesteuerten Verknüpfbarkeit, die im Dienst einer...