Ob das Theater systemrelevant ist, an dieser Frage scheiden sich zurzeit durchaus die Geister. Was dagegen unbestritten bleibt, ist seine Feuilletonrelevanz, trotz Corona: Im Shutdown beschwört man das Live-Spiel eben gerade aus seiner Abwesenheit heraus als Notwendigkeit. Das ist einerseits richtig und nachvollziehbar, wenn man nicht in Vergessenheit geraten will, geht andererseits aber, naturgemäß, mit einem deutlich wachsenden Hang zum Schwammigen einher. Je länger die Hymnen auf das „Theater als Möglichkeitsraum“ sich nicht am konkreten Gegenstand – sprich: an der physisch durchsessenen Aufführung – messen lassen müssen, desto entrückter klingen sie.
Nun denkt zwar auch Stefan Kaegi vom Regiekollektiv Rimini Protokoll am Staatstheater Stuttgart über die Bühnenkunst, notgedrungen, im Modus ihrer Abwesenheit nach. Aber er tut es nicht nur besser als viele jener Absenz-Laudatoren, sondern tatsächlich konkurrenzlos gut – wobei der Unschärfevermeidungstrick seiner Inszenierung „Black Box – Phantomtheater für 1 Person“ im Grunde so genial wie naheliegend ist: Er besteht darin, die Abwesenheit des Theaters explizit zu machen statt sie diffus zu beklagen. Kaegi schickt die Zuschauer, jeweils einzeln, auf eine Expedition durchs leere Haus. Er erhebt die Absenz, mit anderen Worten, zum Leitmotiv, macht sie zur Hauptakteurin der Veranstaltung. Das Theater ist bei ihm nicht einfach abwesend, sondern wird...