„Schwerterschmiede“
Das Landestheater Altenburg und Wieland Wagner
von Anno Mungen
Erschienen in: 150 Jahre Theater Altenburg (04/2021)
Assoziationen: Theatergeschichte Musiktheater
I.
In einem Interview mit dem ORF schildert der Dirigent Karl Böhm seine erste Begegnung mit dem Opernregisseur und -ausstatter Wieland Wagner. Nicht erst im Jahr 1962 sei man zum ersten Mal aufeinandergetroffen, führt er aus, sondern schon früher. Er sei auf den Wagner-Enkel „aufmerksam geworden durch einige Bühnenbilder“ von ihm zum Ring des Nibelungen, die Böhm gefielen. „Damals war meine erste Operndirektorenzeit in Wien“, sagt Böhm. Er habe Wieland Wagner angeboten, mit ihm dort „einen neuen Ring zu produzieren.“ Erst auf Nachfrage des Journalisten, wann diese Begegnung stattgefunden habe, berichtet Böhm, dass man sich seiner Erinnerung nach Ende des Jahres 1943 begegnet sei. Erstaunt fragt der Reporter zurück: „1943, während des Krieges?“ Böhm bejaht und ergänzt, dass Wieland Wagner ihm „Entwürfe zu Bühnenbildern des Ringes“ gezeigt habe, die aber, so Böhm, nach dem schweren Bombenangriff auf Wien, bei dem die Staatsoper am 12. März 1945 stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, „in meinem Direktorszimmer verbrannt“ seien.2
Böhm berichtet von der angeblichen Vernichtung der frühen Ring-Arbeit Wieland Wagners und der Begegnung mit ihm in der Zeit des Zweiten Weltkriegs in einer inhaltlichen Verdichtung einerseits und in einer zeitlichen Streckung, die die Begegnung ein Jahr nach vorne verlegt,...