Wundervolles: Film und Projektionen
von För Künkel und Mirjam Hildbrand
Erschienen in: Zirkuskunst in Berlin um 1900 – Einblicke in eine vergessene Praxis (02/2025)
In einer polizeilichen Zensurakte fanden wir ein Szenarium für die Pantomime Babel, die 1903 im Markthallenzirkus unter Circus Schumann Premiere hatte (vgl. Hildbrand 2023, S. 52ff.). Die Szenarien dienten als Inszenierungskonzepte und mussten von der Theaterpolizei geprüft und freigegeben werden. Und ähnlich wie es bei Opernaufführungen gebräuchlich war, wurden sie dem Publikum zum Verkauf und zum Lesen vor, während oder nach der Aufführung angeboten. Im Szenarium von Babel steht geschrieben, dass der Untergang von Babylon, der im fünften Akt dargestellt wurde, mit „Blitz und Donner“ beginnt, während sich der „Cirkus verfinstert“. Daraufhin sollte ein orgienhaftes Fest mit „Projektionsbildern“ „kinematographisch“ wiederholt und der Untergang von Babylon „kinematographisch“ gezeigt werden, wobei ein weißer Vorhang vor der Tiefenbühne des Markthallenzirkus als Projektionsfläche vorgesehen war. Während der Proben im November 1903 reichte der Zirkusdirektor Albert Schumann ein Schreiben mit der folgenden Ergänzung nach: „Die im Scenarium angegebenen Projektionsbilder fallen fort!“ Die kinematografische Einlage wurde in Babel also nicht realisiert, vielleicht aus technischen Gründen (vgl. Landesarchiv Berlin, Theaterpolizei, A Pr. Br. Rep. 030-05, 1530).
Die Idee, in einer Zirkusinszenierung mit Bewegtbildprojektionen zu arbeiten, war 1903 in Berlin jedoch längst nicht mehr neu. Denn wenn man einer Anekdote in der Autobiografie von Paula Busch, Tochter...