Das Klangballspiel
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Ein Spiel mit den prosodischen Eigenschaften der Sprache könnte folgendermaßen aussehen: Eine Gruppe von Studierenden steht im Kreis. Körperliche und stimmliche Äußerungen können von ihnen frei gewählt werden, um Gegenstände, Sachverhalte oder Beziehungen zu kreieren. Ein Studierender beginnt, mit einem erfundenen Klangball zu spielen, der seine Form, Konsistenz, sein Gewicht und seine Elastizität beliebig verändern kann. Der imaginierte Ball kann sich ausdehnen und schrumpfen, er kann leicht wie eine Seifenblase werden und zerplatzen, oder er wird so schwer, dass er nur mithilfe der Spielpartner zu bewegen ist. Er kann glühend heiß werden oder an der Hand kleben bleiben, er kann einen Geruch haben oder sich besonders anfühlen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Werden Stimme und Artikulation begleitend eingesetzt, entstehen meist sehr vitale, unkontrollierte und an den Körper angebundene Äußerungen, die eine große Klangvarianz aufweisen. Dem Klangball – auf diese Idee kommen die Studierenden meist von allein – kann auch ein gewisses Eigenleben hinzufantasiert werden. Der Ball verwandelt sich z. B. in ein zu beschützendes kleines Wesen oder attackiert seine Schöpfer oder deren Spielpartner. Die Äußerungen können Reaktionen auf den Klangball sein, oder der Klangball äußert sich durch den Spieler. Die Studierenden gehen auf diese Weise sowohl körperlich als auch...