Kolumne
Bist auch du Albaner?
Nix aber: In Kosovo foppt ein Festival den Balkan
Erschienen in: Theater der Zeit: Isabelle Huppert: Exklusiv im Gespräch (06/2016)
Assoziationen: Debatte
Der erste Tag in Prishtina ist grau und verregnet. Mit Jeton, den ich ein Jahr nicht gesehen habe, das letzte Mal im Amerikanischen Krankenhaus, nachdem er operiert worden war, sitze ich in einer Cafébar, damit wir uns in zwei Stunden alles erzählen, was schon wieder passiert ist mittlerweile. Draußen vor der Tür dann bleibt er kurz stehen und sagt: Das ist Prishtina. Na ja, der Blickwinkel hat etwas Deprimierendes, die heruntergekommenen Wohnblöcke mit ihren dunkelgrünen Fassaden, noch dazu der Regen. In einem der Blöcke ist im Parterre Qendra Multimedia untergebracht, Jetons Theaterguerilla aus sechs jungen Leuten, MacBooks, Bücher, Plakate, Espressomaschine, hinten eine Blackbox mit hölzerner Zuschauertribüne. Mit den Jahren ist Jeton Neziraj zum international bekanntesten Kosovo-Dramatiker aufgestiegen. Nebenbei bringt er Bücher heraus, teils aus Originalsprachen ins Albanische übersetzt. Er ist auch mein Verleger.
Verfolgst du, was vorgeht zwischen Serbien und Kosovo?, wird die schwedische Kinderbuchautorin Viveka Sjögren gefragt. Und während sie überlegt, ob sie Ja oder Nein sagen soll, kommt schon die zweite Frage: Könnte es nicht gefährlich sein, dass du hier auftrittst? Diesmal ist Viveka schnell: Ich hoffe, nicht. Gestellt hat die Fragen Saša Ilić, ein serbischer Schriftsteller, mit dem Jeton Jahr für Jahr das Polip-Festival aufzieht. Mit Charme...