Abschied
Weltliebe und Kämpfertum
In Gedenken an Frank Hörnigk
Erschienen in: Theater der Zeit: Wo ist Wir? – Armin Petras in Stuttgart (03/2016)
Assoziationen: Akteure
Auf eine ganz persönliche Weise ging von Frank Hörnigk jener Wärmestrom aus, den Ernst Bloch für ein unabdingbares Element jedes gelingenden Sozialismus hielt; ihm eignete eine Unmittelbarkeit des Empfindens, der Teilnahme, der Anregung, die jeden, dem es beschieden war, in ihren Bannkreis zog. Er konnte auch aufbegehren und widersprechen, aber noch wenn er polemisierte, blieb Zuwendung die Grundhaltung. Erst spät, in jener einbrechenden Dämmerung, in der nach Hegel die Eule der Minerva ihren Flug beginnt, war der langjährige Dozent der Neueren deutschen Literatur mit Schwerpunkt DDR-Dramatik zu einer außerordentlichen Professur an der Berliner Humboldt-Universität gekommen, einem Lehramt, das sich im Wendejahr 1990 in eine ordentliche Professur verwandelte; sie unter neuen Staatsverhältnissen zu behaupten war mit Schikanen verbunden, die den Maßregelungen unter SED-Ägide verteufelt ähnlich sahen. In den siebziger Jahren hatte Hörnigk neben seiner universitären Arbeit mit der Liedersängerin Bettina Wegner zusammengearbeitet und an der literarischen Jugendzeitschrift Temperamente mitgewirkt; Joochen Laabs, der mit von der Partie war, erlebte ihn dort als den „personifizierten Kessel Überdruck, intellektuell, analytisch, gesellschaftsreflektierend“; hier wie da erfuhr er den Kältestrom des perfektionierten Obrigkeitsstaates. Peter Böthig, dem er in kritischer Lage beisprang (als das nichts half, fand er, zur Emigration genötigt, durch Hörnigk eine Anstellung in Pittsburgh),...