Sie holt weit aus. In ihrer Eröffnungsrede zum sechstägigen Festival Offene Welt spannt die Publizistin Mely Kiyak einen weiten Bogen der Ungeheuerlichkeiten aus den Geschehnissen der jüngeren Geschichte. Über die alltäglichen Begegnungen von Opfern und Tätern im frühen Nachkriegsdeutschland spricht die politische Kolumnistin. Ernsthaft, freundlich und unaufgeregt. Berichtet vom Deutschen Herbst, von Saddam Hussein, deutschen Soldaten in Afghanistan, vom 11. September 2001, syrischen und libanesischen Flüchtlingslagern und von den Menschen vor Lampedusa: „Die Welt war nie in Ordnung und wird es niemals sein.“ Was also tun? Ein Frage, die sich der seit Januar amtierende Intendant des Theaters im Pfalzbau, Tilman Gersch, auch gestellt hat – und zwar am chronisch klammen Chemiestandort Ludwigshafen am Rhein, wo Menschen aus 140 Nationen auf höchst unterschiedlichem Niveau zwischen hochaufragenden wie längst bröckelnden 70er-Jahre-Illusionen zusammenleben.
Sein Festivalneuling mit dem schönen Titel Offene Welt, das der Mann mit Wiesbadener Biennale-Erfahrung gleich zu Amtsantritt im Eilverfahren – und mit 80-prozentiger Finanzierung durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – gewuchtet hat, ist mit 3000 Zuschauern zahlenmäßig kein Überraschungserfolg geworden. Inhaltlich jedoch schon. Was Gersch mit den Kuratoren Jürgen Berger, Daniel Richter, Bernd Jestram und Barbara Wendland eingeladen und auf den Weg gebracht hat, ist fraglos das...