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Erst der Wald, dann der Boden
Daniel Kötters Arbeiten zum Extraktivismus öffnen mit „Roden“ eine neue Dimension
von Lara Wenzel

Vor sechs Jahren verkündete der französische Tänzer und Choreograf Jérôme Bel, dass die Performanceszene ihren CO2-Fußabdruck verringern müsse. Für sein Versprechen, von nun an nicht mehr zu fliegen, erntete er viel Kritik. Immerhin blickte Bel, einer der bekanntesten Künstler in seinem Feld bereits auf eine internationale Karriere zurück, die er ausgehend von seinem Wohnort Paris fortsetzen konnte. Künstler:innen reisen, um Freude zu transportieren, hielt die Tänzerin und Choreografin Nora Chipaumire 2019 im Deutschlandfunk-Interview dagegen. Wenn man sich ernsthaft mit der Erderhitzung auseinandersetzen will, meinte die in Simbabwe geborene Künstlerin, müsse man sich die in Europa begonnene Ausbeutung von Arbeitskraft und der Natur anschauen. Europäische Künstler:innen können sich leicht entscheiden, Fliegen sei mit ihrem Klimagewissen nicht mehr vereinbar. Dies verschiebt jedoch einerseits den Fokus weg von der kapitalistischen Ausbeutung von Ressourcen und verstärkt andererseits auch die kolonial geprägte Unterscheidung zwischen kulturellen Zentren und den Peripherien, die ohne Flugzeug abgehängt wären.
Komplexe Ausbeutungsgeschichte
Auf internationale Kooperationen will Film- und Theatermacher Daniel Kötter nicht verzichten, dennoch fragt er sich, wie nachhaltige Zusammenarbeiten aussehen können: „Wie können wir uns begegnen, ohne dass 20 Menschen ständig fliegen müssen, das Bühnenbild tourt und man nur seine eigene Karriere voranbringt?“ Seine transmedialen Arbeiten verknüpfen lokale Transformationen: So...