Zu William Shakespeares Lebzeiten war Theater Populärkultur, Massenentertainment, das Popcorn-Kino des elisabethanischen Zeitalters. Lebte Englands Nationaldichter heute, schriebe er vermutlich Serien-Drehbücher für Netflix. „Vielleicht würde er aber auch Computerspiele wie ,Minecraft‘ oder ,Fortnite‘ entwickeln“, gibt Eleanor Whitley von der Royal Shakespeare Company (RSC) im Dramatiker-Geburtsort Startford-upon-Avon zu bedenken: „Die komplexen Welten, die er geschaffen hat, haben mindestens so viel mit Gaming wie mit Fernsehen zu tun.“
Doch egal, ob Stoff fürs Binge-Watching oder für die W-Lan-Party unter Daddlern – so oder so würde sich Shakespeares Kunst womöglich nicht auf der Bühne, sondern auf dem Bildschirm entfalten, im World Wide Web, wo seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie auch die Theater Zuflucht suchen. Das ganze Web ist eine Bühne, lautet seither die Devise. Die Anschlussfähigkeit von Shakespeares dramatischen Werken an Unterhaltungsangebote des 21. Jahrhunderts lässt sich in der Theorie ja leicht mal behaupten; jetzt aber kommen die Theater um die praktische Beweisführung nicht mehr herum.
Die RSC nahm die Herausforderung an und hat sich dafür nicht nur mit dem Manchester International Festival, sondern auch mit Fachleuten aus der Gaming-Branche zusammengetan. „Dream“ heißt das gemeinsame Projekt, das sich an Motiven aus Shakespeares „Sommernachtstraum“ bedient, ohne die Handlung der populären Komödie nachzuerzählen. Der „Sommernachtstraum“...