Emotionen und Verhalten
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Für die sprecherzieherische Arbeit mit Schauspielstudierenden erscheint es mir zunächst wichtig, emotionalen Ausdruck bei sich und anderen wahrnehmen zu können. Bezogen auf die Eigenwahrnehmung arbeite ich vor allem am Verhältnis von Spannung und Lösung. Eine Reihe von Lockerungs- und Dehnübungen wärmen den Körper auf und lösen leichte Blockierungen. Seufzen, Stöhnen, Jammern, Lachen, Juchzen, Raunen, Flüstern eignen sich als emotional aufgeladene Sprechhandlungen, mit denen Situationen gebaut werden können, die diese Sprechhandlungen befeuern. Auf diese Weise können Körper und Stimme durchlässig werden und emotionalen Ausdruck abbilden. Damit sich die Studierenden nicht zu viel mit sich selbst beschäftigen, lenke ich ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf den Ausdruck der anderen. Ich lade sie ein, genau hinzuschauen und zuzuhören, Schwingungen aufzunehmen und emotionalen Ausdruck zu erkennen und zu verstehen, sich „beeindrucken“ zu lassen und auf komplexe Gefühle zu schließen. Wenn wir die eindrückliche emotionale Gestimmtheit anderer in gleicher Weise zurückgeben, besteht der Dialog darin, emotionalen Ausdruck aufrechtzuerhalten oder gegenseitig zu verstärken. Freude begegnet Freude, Ärger wird mit Ärger erwidert, Stolz mit Stolz usw., um bei diesen einfachen Kategorien zu bleiben. Wir können den von uns gefühlten Emotionen der anderen aber auch etwas entgegensetzen, indem wir ihnen handelnd begegnen. Der Dialog setzt nun nicht mehr darauf,...