Festung Europa oder Netzwerk der Kulturen?
Warum Europa von HipHop lernen kann
von Marion Geiger
Erschienen in: Recherchen 147: Res publica Europa – Networking the performing arts in a future Europe (05/2019)
“Fort Europa
My so called Utopia
Where I can’t find no culture
Feel the walls getting closer and closer and closer
Right here in Fort Europa (Right here)”
Looptroop, Fort Europa, 2008
Was die schwedischen Rapper in obigem Zitat beschreiben, ist deren Wahrnehmung der Europäischen Union. Die Festung Europa, die sich nach außen hin abschottet, war schon Jahre vor der Flüchtlingskrise spürbar. Allerdings bezieht sich Looptroops Kritik nicht auf Grenzzäune in einer nach dem Schengen-Abkommen offenen Europäischen Union, sondern auf die Wirtschaftskrise, die Looptroop zufolge u. a. auf nationale Ideologien und Liberalismus zurückzuführen ist. Weiter bezeichnet die Band europäische Handelspolitik als Ausgrenzung innerhalb der Festung und sehnt sich nach einem stärkeren Miteinander und einer Gesellschaft, in der die Menschen nicht zu Siegern oder Verlierern gespalten werden. Sie träumen von einer Gemeinschaft, in der jeder ein Stück vom europäischen Wohlstandskuchen abbekommt und die auf Wertschätzung und Sorge um den Nächsten basiert. Diese Grundüberlegung, die zunächst ein wenig naiv erscheinen mag, darf dennoch nicht verwundern, da sie zum Wertekanon der HipHop-Kultur gehört.
HipHop repräsentiert auch diejenigen, die in der Mehrheitsgesellschaft nicht vorkommen. Das sind vordergründig Menschen mit Migrationshintergrund und sogenannte People of Colour, außerdem auch Künstlerinnen und Künstler sowie kreative Querdenkerinnen...