Thema: Paris
Das Lachen ist dem Menschen eigen
von Maurice Taszman
Erschienen in: Theater der Zeit: Je suis Charlie (02/2015)
Man hört es oft, und fast scheint vergessen, dass dies ein Zitat aus François Rabelais’ „Gargantua“ ist. Der Autor war ein Mann der Renaissance, der sich, so der russische Literaturwissenschaftler Michail Bachtin, dem Karnevalesken verschrieben hatte, das Hierarchien und Werte auf den Kopf stellt und das Verhältnis von Mächtigen und Untergebenen, Adel und einfachem Volk, denen dort oben und den anderen unten, umkehrt.
Der Karneval ist zweifellos fest in der Fantasie des Volkes verankert. Er weckt befreiendes, subversives, profanes, libertäres Lachen. Rabelais’ Inspiration waren Aristoteles und auch Aristophanes, die mittelalterliche Farce und der Jahrmarkt. Sein Schreibstil war im wahrsten Sinn des Wortes zwanglos. Er mischte Umgangs- und Schriftsprache, formulierte im Jargon der Wissenschaft ebenso wie in der Mundart des Volkes, wandte sich an manierierte Aristokraten und an abenteuerlustige, abergläubische, analphabetische Matrosen gleichermaßen. Sein war ein lautes Lachen, das mit frechen Gedankenblitzen den Geist des Seriösen zugunsten der Groteske, der Karikatur, der Burleske vertrieb. Respektlosigkeit lag ihm im Blut, wie dem Eulenspiegel, Nasreddin Hodscha, dem prominentesten Protagonisten humoristischer Geschichten im gesamten türkischislamisch beeinflussten Raum, oder einem der anderen entschlossenen Spötter des guten Geschmacks und der Konvention. Der Dadaismus wusste sich des Karnevals zu bedienen, um so die offizielle Kunst und ihre...