Auf der auf Postkarten verewigten Flaniermeile Piata Victoriei reiht sich im Temeswarer Stadtzentrum ein Café an das nächste, dazwischen kleine Geschäfte, im Herzen davon: ein bunter, liebevoll und akkurat angelegter Stadtgarten. Wie schon in den vergangenen Jahren findet in diesen Tagen im Herbst das Eurothalia-Festival des Deutschen Staatstheaters in Temeswar statt. Und wie schon in den Jahren zuvor wird es begleitet von einem Theater, das auf der Straße stattfindet.
Anfang November versammelten sich Bürgerinnen und Bürger, um gegen Korruption und Misswirtschaft im Land zu protestieren, nachdem bei einem Brand in einem Bukarester Nachtclub – obwohl Sicherheitsbehörden nur eine Woche zuvor erhebliche schließungswürdige Mängel festgestellt hatten – insgesamt 60 Menschen starben. Der Protest, der in ganz Rumänien Anhänger fand, zeigte Wirkung: Der rumänische Premierminister Victor Ponta, selbst mehrfach wegen diverser Delikte angezeigt, trat zurück. Derartige „Sanierungs- versuche“ sieht man auch ganz konkret im Temeswarer Stadtbild: Die Stadt möchte sich als Europäische Kulturhauptstadt 2021 bewerben – und muss sich dafür herausputzen. Kaum etwas scheint von den exzessiven Renovierungsarbeiten verschont, die Piata Unirii, sonst einer der – so sagt man – schönsten Plätze in Temeswar: überlagert und verunstaltet von Bauschutt. Doch es passt zusammen: Wirtschaftlicher Aufbruch, Sehnsucht nach gesellschaftspolitischer Veränderung und eine immanente...