Bernd Freytag, Chor ist ein Begriff, dessen Bedeutung einige Wandlungen durchlief – dessen Grundbedeutung aber bis heute erkennbar geblieben ist. In der Antike war der Chor ein Tanzplatz als Teil einer kultischen Handlung. Dann teilen sich die Bedeutungsebenen. Im antiken Theater wird der Chor zum Kommentator, durch den die Götter indirekt Anteil am Geschehen haben: ein bewusstes Stilmittel von Autoren wie Sophokles oder Aischylos. Im Christentum bleibt Chor ein religiöser Begriff, wenn auch in gewandelter Bedeutung. Chor heißt in der christlichen Kirche der Raum vor dem Altar – er wird sowohl vom Priester als auch von den Laien betreten, bleibt jedoch ein herausgehobener Ort, und das, was hier an Begegnung geschieht, hat eine besondere geistige, zugleich sakrale wie auch profane Bedeutung. Das ist, wenn man so will, die Vorform dessen, was die säkulare Gesellschaft jenen öffentlichen Raum nennt, über dessen Kultivierungsgrad wir uns immer wieder neu befragen müssen. Ist das zu vieles und zu viel Verschiedenes, was sich mit dem Chor verbindet?
Nein, durchaus nicht. Die Landschaft spiegelt die Arbeit des Chors, eine, so muss man wohl annehmen, vernichtende Arbeit. Ist also diese Vernichtungsarbeit dem Chor eingeschrieben? Chor ist hier als Vertreter von Menschheit gesetzt, als Menschheitschor. Kann der...