Theater der Zeit

„Die Revolution wird nicht im Fernsehen übertragen“

Bemerkungen zur Auftrittsdramaturgie in Peter Konwitschnys Inszenierung von Verdis Don Carlos an der Staatsoper Wien

von David J. Levin

Erschienen in: Recherchen 115: Auftreten – Wege auf die Bühne (11/2014)

Eines ist klar: Wir befinden uns in der Wiener Staatsoper. Darüber hinaus scheint ganz plötzlich alles zur Disposition zu stehen.

Nach der dritten Szene im dritten Aufzug von Giuseppe Verdis Don Carlos (in einer Aufführung der Pariser Fassung von 1867) ist soeben der Vorhang gefallen, im Nachklang der „kecken Reprise“ (Roger Parker) der Cabaletta des ersten Aktes, in der Prinz Carlos und sein Vertrauter, der Marquis de Posa, sich abermals ihrer brüderlichen Liebe zueinander versichert haben. Doch statt des nun unmittelbar folgenden grand finale des dritten Aktes, der berühmten Ketzerverbrennung, zeigt der Bildschirm (denn die Aufführung, die 2004 fürs Fernsehen aufgenommen wurde, ist nun auf DVD zu sehen) den Anfang einer Pause, die der Regisseur Peter Konwitschny und sein Team hier eingefügt haben. Eine Pause unmittelbar vor dem großen Finale?

Während das Publikum herumschlendert und Champagner schlürft, wie das in Wien vom Publikum der Staatsoper erwartet wird, erscheint auf der großen Treppe im Foyer eine Dame im Abendkleid, in der Hand ein Mikrophon, ein professionelles Lächeln im Gesicht. Und nicht nur die Dame bekommen wir zu sehen, sondern auch, dass und wie sie vom Fernsehen aufgenommen wird.

Die Opernaufführung – und das heißt ja der Mitschnitt – scheint einem anderen,...

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