Am Anfang des „Nibelungen“-Abends in den Godesberger Kammerspielen tritt der Schauspieler Wolfgang Rüter im Smoking vor den Vorhang und präsentiert – ganz die alte Schule – eine Geschichte von der Eroberung des Nibelungenhorts, vom Schwert Balmung, vom Drachenblut und von der Nebelkappe: eine genüssliche Prahlerei. Rüter ist nicht Siegfried – er ist, laut Programmheft, „Hebbel“, der Geist der Erzählung. Inszeniert hat der Isländer Thorleifur Örn Arnarsson, Brunhilds Landsmann sozusagen. Der Regisseur scheint Hebbel/Rüter, dem deutschen Sagengut mitsamt dem deutschen Theaterhandwerk mit einer gewissen Ironie zu begegnen. Wenn in der Rolle Siegfrieds dann der Ernst-Busch-Hochschulabsolvent Hajo Tuschy auftritt, hören wir die Prahlerei vom Hort, vom Schwert, vom Blut noch öfter – allerdings weniger schön gesprochen, eher salopp, nervös und betont „kunstlos“ dahingenuschelt. So mischen sich in dieser Aufführung die Schauspielerstile und die erzählerischen Blickwinkel gleichermaßen. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, so könnte man das obwaltende Prinzip nennen.
Neue Theaterleitungen stehen ja immer auch vor der Aufgabe, unterschiedliche Generationen und Stile zu einem Ganzen zu verschmelzen. Das dauert naturgemäß eine Weile; bei den „Nibelungen“, die nach der Hälfte der ersten Spielzeit Bernhard Helmichs Premiere hatten, wirkt das zehnköpfige Ensemble bereits erfreulich homogen. Dabei steht der Abend nicht zuletzt unter dem Zeichen des großartigen...