Theater der Zeit

Ab nach draußen!

Wie ausgerechnet das Internet eine Renaissance des öffentlichen Lebens befeuert

von Hanno Rauterberg

Erschienen in: Recherchen 127: Darstellende Künste im öffentlichen Raum – Transformationen von Unorten und ästhetische Interventionen (12/2017)

Vielleicht ist es nur eine Sommerlaune, und es bedeutet nicht viel, dass derzeit ein wildes Einladungsfieber die Republik erfasst und sämtliche Polizeidienststellen alarmiert sind. Ständig und überall wird zur großen öffentlichen Party aufgerufen, in Solingen, Lörrach oder Ahrensburg, selbst im Zollernalbkreis. Allein in Bochum wollen sich in zwei Wochen gleich 50 000 wildfremde Menschen treffen. Seitdem Anfang Juni ein Mädchen namens Thessa versehentlich alle Welt per Facebook zu ihrem Geburtstag einlud und ungefähr die halbe Welt tatsächlich ins stille Hamburg-Bramfeld reiste, sind die Freunde der Massenfeiern nicht mehr zu bremsen. Eine Sommerlaune, doch seltsam genug.

War nicht jahrzehntelang vom „Verfall und Ende des öffentlichen Lebens“ (Richard Sennett) die Rede? Hatte nicht der bekannte Architekt Rem Koolhaas behauptet, der öffentliche Raum werde für nichts mehr gebraucht außer fürs Shoppen? Und erzählte nicht auch Jürgen Habermas mit seinem Strukturwandel der Öffentlichkeit eine Niedergangsgeschichte? Die Menschen, so hatte es den Anschein, igelten sich ein in ihrer Privatheit – Stichwort: Cocooning – und wollten vom Gemeinwesen nichts mehr wissen. Forciert durch das Internet, zerfiel die eine, die große Öffentlichkeit in viele Stämme. Denn im Internet findet jeder, was ihn interessiert, er findet Gleichgesinnte. Der Sinn fürs Große und Ganze geht verloren.

Doch das ist...

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