Das ewige Prinzip, das die Welt in Bewegung hält: Die einen wollen hoch und die anderen nicht runter. Die Franzosen haben diesen bösen Kampf als Erstes zu einem hübschen, doch darum nicht weniger grausamen Spiel erklärt: Bleibe immer charmant und geistvoll! Auch auf dem Weg zur Guillotine sollte man weder die Contenance verlieren noch seine Garderobe vernachlässigen.
Molière geht ihnen allen voran, Balzac, Stendhal, Flaubert. Da lässt sich einer nichts vormachen und hört doch nicht auf, das Spiel um Schein und Sein mitzuspielen. Es ist plötzlich ein neues Element in der Welt von Adel und Kirche hinzugekommen: der Bürger, durch erfolgreiche Geschäfte reich geworden. Der Kapitalismus ist die Welt von morgen – und sucht sich seine Bühne jenseits des Kontors. Aber auf der scheint der Bürger erst einmal ein beargwöhnter Emporkömmling. Sein Geld nimmt man gern, aber ansonsten ignoriert man ihn lieber. Molières „Tartuffe“ hatte 1669 Premiere, da gab es noch einflussreiche klerikale Kräfte am Hofe Ludwig XIV., die ihn dafür verbrennen lassen wollten. Religion: Hier nur noch eine Maske für andere Begierden, jene, die eine neue, doch keineswegs bessere Welt verheißen. Betrug wird in dieser zu einer Tugend, die den erfolgreichen Geschäftsmann zeigt – wer sich über ihn empört,...