Europa in den sechziger Jahren. Die europäische Linke protestiert gegen die Zustände in der Dritten Welt, der Krieg in Vietnam fordert Millionen Tote. Peter Weiss war radikal in seinen Versuchen, Themen der Weltpolitik auch im Theater zu verhandeln. Sein damaliger Lektor Karlheinz Braun berichtet in einem Aufsatz für die Zeitschrift die horen von seiner Suche nach einem „neuen Theater“, das Stoffe in großer Dimension zu diskutieren weiß. Nachfolgender Auszug beschäftigt sich mit seinem Stück „Viet Nam Diskurs“, das, so Braun, als frühes Beispiel eines postdramatischen Theaters gelesen werden könnte, welches auch theatrale Strategien für die Gegenwart bereithält.
Weiss nannte den „Viet Nam Diskurs“ ein Fresko im Verhältnis zur Grafik des „Popanz“, und für dieses Fresko hatte er eine ihn selbst erschreckende Masse Material zusammengetragen: Bücher, Essays und vor allem Zeitungsartikel, ein Berg von Informationen, der ihm schier die Sicht auf das zu schreibende Stück verstellen musste. Wie war dieses Material auch nur in Bruchstücken in Theater zu transformieren?
„Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten“, schrieb er uns nach Frankfurt, „entweder den faktischen Stoff zu verwandeln, gleichsam zu ‚literarisieren‘, ihn umzuformen zu einer dramatischen Idee, oder ihn zu verwerten, wie ich es teilweise in der ‚Ermittlung‘ machte, also rein dokumentarisch.“ Weiss entschied...