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Film: Was kostet der Mensch?
von Ralf Schenk
Erschienen in: Theater der Zeit: Blackfacing (10/2014)
Sascha Anderson war der Star der Ost-Berliner unabhängigen Literatenszene. Ein charismatischer junger Mann, gut bekannt mit Christa und Gerhard Wolf, Franz Fühmann, Heiner Müller, aber auch mit einflussreichen Journalisten aus dem Westen. Er organisierte subversive Lesungen, öffnete Türen, legte ein Gespinst aus Halbwahrheiten und Legenden um sich aus. Nach dem Ende der DDR wurde er als Zuträger der Staatssicherheit enttarnt; Wolf Biermann nannte ihn „Sascha Arschloch“; die alten Freunde fielen gleich reihenweise von ihm ab.
Anderson, ein Porträtfilm von Annekatrin Hendel, erkundet nun damalige Motivationen und heutige Haltungen, fragt nach dem Stellenwert von Reue und Buße in seinem Leben und rekapituliert ein noch immer erregendes, widersprüchliches Kapitel der Zeitgeschichte in einem komplexen Essay über Kunst, Macht und deren Preis.
Der Dokumentarist Peter Scharf stellt in Was bin ich wert? die Frage nach dem Wert des einzelnen Menschen. Er lässt Versicherungsökonomen, Ärzte, Anwälte zu Wort kommen, interessiert sich für krasse Beispiele fehlender Humanität. Die jungen Männer aus Moldawien, die in die Türkei gelockt werden, um dort für wenige Euro ihre Nieren zu verkaufen. Oder die Opfer des Anschlags aufs World Trade Center, deren Familien nach dem „Verlust des zukünftigen Einkommens“ entschädigt wurden: sieben Millionen Dollar für einen verstorbenen Banker, aber „nur“...