Ein Junge spielt auf einem Balkon in Beirut. Er spielt mit seinem Kinderfahrrad. Der Junge hört Schreie. Er beugt sich hinunter, und er sieht: einen Autobus, der von einer Gruppe Männer beschossen wird. Der Junge ist sieben. Der Junge sieht, aber er versteht nicht. Es ist der 13. April 1975.
Der Junge heißt Wajdi Mouawad. „Bei allem, was ich beschreibe, geht es nur darum“, sagt er vierzig Jahre später im Intendantenbüro des Théâtre de la Colline über den Tag. Er leitet das Haus seit 2016. Vom Büro aus kann man die Dächer von Paris sehen. Der Libanon scheint fern. Für den Leiter dieses Theaters ist er es nicht. Als im Sommer 2020 in Beirut 2750 Tonnen Ammoniumnitrat explodieren, meldet sich Mouawad aus dem Urlaub zu Wort, in einem Zeitungsartikel, der die Korruption der Regierung für die Katastrophe verantwortlich macht. „Alles ist zerstört im Libanon“, schreibt er in Le Monde. „Nicht nur der Beton. Die Zukunft.“ Das Ereignis, schreibt er, sei ein Echo auf den 13. April 1975.
Der Tag gilt als Auslöser für den Bürgerkrieg, der bis 1990 im Libanon wütete. Eine christliche Miliz greift damals wehrlose palästinensische Zivilisten an. Wenige Jahre später verlässt Wajdi Mouawad mit seiner Familie,...