Exodus
Erschienen in: Recherchen 127: Darstellende Künste im öffentlichen Raum – Transformationen von Unorten und ästhetische Interventionen (12/2017)
Ziel des Projekts
Armdicke Birken hatten sich durch die Pflasterung gebrochen, eingeschlagene Fensterflügel klapperten im Wind, marode Regenrinnen liefen über. Der Regisseur Jens-Erwin Siemssen hatte die alte Kaserne in Emden zufällig entdeckt. Ein alter Mann aus dem Wohnblock gegenüber konnte ihm mehr über den Ort erzählen, über exerzierende Marinesoldaten während des Kriegs und die Kanadier nach der Kapitulation. Einige Monate soll es in der Kaserne sogar einen Kibbuz gegeben haben. Eine Emder Heimatforscherin konnte das bestätigen. 1947/48 waren in diesen Gebäuden 2500 jüdische Passagiere des Flüchtlingsschiffes Exodus untergebracht. Diese hatten vorher versucht, mit dem Schiff nach Palästina auszuwandern. Doch die Fahrt wurde von britischen Zerstörern gestoppt, die Flüchtlinge wurden nach Hamburg verschifft und in ehemaligen Wehrmachtskasernen in Emden und Wilhelmshaven interniert.
Im Frühjahr 2013 ging Regisseur Siemssen in Hamburg an Bord des israelischen Containerschiffes Moskwa. Auf dem Seeweg nach Israel wollte er die Route der Exodus nachvollziehen und die Besatzung zu den nautischen Bedingungen interviewen, die damals auf dem Flüchtlingsschiff geherrscht haben könnten. Nach zwölf Tagen erreichte das Schiff die Hafenstadt Haifa. Wenige Kilometer entfernt befand sich einst ein britisches Internierungslager, heute ist in Atlit eine Gedenkstätte für jüdische Einwanderung untergebracht. Die Gedenkstätte vermittelte dem Regisseur zahlreiche Kontakte zu ehemaligen...