Alexander Eisenach, nachdem Sie „Felix Krull – Stunde der Hochstapler“ nach Thomas Mann am Berliner Ensemble inszeniert haben, folgte nun mit „Stunde der Hochstapler“ Ihr eigenes Stück zum Thema. Die Uraufführung am Berliner Ensemble haben Sie selbst inszeniert. Was fasziniert Sie an dem Stoff?
Zu Beginn stand der Gedanke, dass wir durch die veränderten Formen der Kommunikation im Zuge der Digitalisierung vermehrt Plattformen der Hochstapelei hervorgebracht haben. Die Formen der Hochstapelei sind dabei vielfältig und durchdringen alle Sphären, von Jugendkultur über Wirtschaft und Politik. Überall geht es darum, ein Selbstbild zu produzieren, Geschichten über sich und die Welt zu erfinden und mit diesen Geschichten andere Menschen zu überzeugen und zu verführen. Das hochstaplerische Selbst ist die logische Fortsetzung des „unternehmerischen Selbst“, wie es der Soziologe Ulrich Bröckling definiert hat. Der Hochstapler ist die Figur der Stunde, weil er in sich das ökonomische Gebot der Selbstinszenierung mit der Auflösung medialer Wahrheitsinstanzen verbindet.
„Wir sind Hochstapler“, heißt es in dem Stück. Was ist es, das die Lüge zur Notwendigkeit macht? Kann der Mensch ohne Fiktion nicht leben?
Wir brauchen Geschichten über uns und die Unseren, um stabile Verhältnisse zu erzeugen. Allerdings haben wir diesen Geschichten immer eine Wahrheit zugesprochen: unseren Erinnerungen, unserer...