»Solidarische Institution«
Zwischen administrativer Utopie und künstlerischem Powerplay
von Alina Buchberger und Nadine Jessen
Erschienen in: Kampnagel Hamburg. 40 Jahre Widerspruch – Workbook zum Jubiläum (07/2024)
Die »Solidarische Institution« wurde inspiriert und initiiert durch die gesammelten Erfahrungen mit dem »Migrantpolitan«, einem Aktionsraum von, für und mit Geflüchteten. Seit 2015 sind der Ort und seine Teammitglieder Teil des Kampnagel-Kosmos und befinden sich in innovativem gegenseitigen Wissenstransfer. Aus migrantischer Perspektive und dem künstlerischen Selbstverständnis von Kampnagel heraus entstand das Konzept der »Solidarischen Institution«. Seit 2018 fließt es auch in die gemeinsame institutionelle Praxis innerhalb des Bündnisses Internationaler Produktionshäuser ein.
Grauzonen und Regelbrüche: Die Kunst der Solidarität
Die »Solidarische Institution« übersetzt das Konzept der »Solidarischen Stadt« in eine institutionelle Praxis. Sie entwickelt aktiv Werkzeuge, um ihre eigenen künstlerischen Methoden der (Selbst-)Ermächtigung auf Individuen zu übertragen. Dabei werden administrative Handlungsspielräume kreativ und strategisch ausgereizt und eingesetzt, um mit den Mitteln der Kunst reale, neue Verhältnisse zu produzieren. Die Praktiken der »Solidarischen Institution« bewegen sich punktuell in Grauzonen und gezielten Regelbrüchen. Dieses Potential wird in Kulturinstitutionen oft nicht ausgeschöpft oder entpolitisiert, weil es formal kein ästhetischer Prozess ist – oder als solcher nicht erkannt wird. Dabei ist der Antrieb jeder Kunstproduktion ja gerade nicht die Bestätigung bestehender Werte, sondern deren Verschiebung durch verschiedene künstlerische Strategien, um andere Wahrnehmungsweisen zu eröffnen. Kompliz*innenschaft und die Kunst der solidarischen Praxis gehören zum Selbstverständnis der...