Herr Rosa, in Ihrer Studie „Resonanz“ schreiben Sie: „Kunstgeschehen ist Resonanzgeschehen.“ Dabei beziehen Sie sich zunächst auf den Künstler, der Zwiesprache hält mit sich als formendem Subjekt und einer eigenständigen inspirierenden Quelle. Die zweite Resonanzachse entstehe im Wechselspiel zwischen Kunstereignis und Zuschauer. Sie bezeichnen Museen und Konzertsäle als Räume für ritualisierte Resonanzerfahrung, sprechen aber relativ selten von Theater. Aus welchen Merkmalen würde sich hier die Resonanzachse zwischen Publikum und Bühnengeschehen konstituieren?
Sie haben recht, der Fokus liegt bei mir meistens auf Musik und Literatur, nicht unbedingt auf Theater, aber das ist tatsächlich konvergent. Ich würde es ähnlich analysieren, wie ich es in Bezug auf das Museum versucht habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Resonanzbeziehungen oder Resonanzverhältnisse entwickeln, steigt schon mal damit, dass man auch im Theater als Zuschauer eine nicht verdinglichende Haltung einnimmt. Es gibt kein Ziel, das man erreichen, keinen Zweck, den man verfolgen will. Die Erwartung ist – wie in einem Museum oder bei einem Konzert –, dass man von einer Sache berührt und vielleicht auch verändert wird, die wir nicht kennen und bei der wir vorher auch nicht genau wissen, was dabei herauskommt. Diese Idee des Unverfügbaren ist im Theater immer mit im Spiel. Man will sich nichts...