Kaum eine Uraufführung war in dieser Spielzeit wohl sehnlicher erwartet worden als „Reich des Todes“ von Rainald Goetz. Über zwanzig Jahre nach seinem letzten Stück – „Jeff Koons“ – gibt es einen neuen Bühnentext des für seinen kritischen Blick auf die Gesellschaft und seine sprachliche Wucht insbesondere vom Feuilleton teils hymnisch verehrten Autors. „Reich des Todes“ wurde als ein Stück über den 11. September angekündigt und die Uraufführung im Deutschen Schauspielhaus Hamburg entsprechend auf eben jenes Datum gelegt, Regie führte die Intendantin Karin Beier selbst. Hätte man den Stücktext vorab lesen können, so hätte man freilich gewusst, dass die Anschläge vom 11. September 2001 in dem Stück im Grunde nur als Auslöser vorkommen. Es behandelt vielmehr die Folgen – und zwar jene im politischen Gefüge der USA mit nicht unerheblichen Auswirkungen auf ein paar weitere Weltregionen. Es geht um Politik, Recht, Macht und den Fall eines zivilisatorischen Tabus. Und das in der Länge von fast viereinhalb Stunden, die sich auch tatsächlich keine Minute kürzer anfühlen.
Zu anderen Zeiten hätte man einen solchen Text wohl ein Königsdrama genannt. Könige gibt es zwar nicht mehr, aber Präsidenten, Vizepräsidenten und Minister. Die handelnden Figuren agieren nahezu alle auf höchster politischer Ebene, und die...