Ein Montag im März. Von den vier Stühlen rund um den Kaffeehaustisch wählt André Jung zufällig den aus, der zwanzig Zentimeter kleiner ist als die übrigen. Mit dem Ergebnis, dass er nun deutlich tiefer sitzt als sein Gegenüber. Ob ihn das nicht störe, so von oben herab befragt zu werden? Jung winkt lächelnd ab: „Darüber bin ich längst hinaus!“
65 Jahre ist er jetzt alt und hat im Theater so ziemlich alles erlebt. Wieso sollten ihn da Kleinigkeiten irritieren? Dazu die vielen Auszeichnungen. Zwei Mal „Schauspieler des Jahres“ zum Beispiel. Und am Tag vor dem Interview ist er aus Bensheim gekommen, wo ihm der Gertrud-Eysoldt-Ring verliehen wurde. Die Jury würdigte ihn als einen der „feinsinnigsten, radikalsten und erstaunlichsten Bühnenkünstler unserer Zeit“.
„Ich habe tolle Sachen über mich gehört!“, freut sich Jung. Die Auszeichnung hat ihn aber auch ins Grübeln gebracht. Zum Beispiel über den Preis, den man als viel beschäftigter Schauspieler im Privaten zahlt. Sein sechzehnjähriger Sohn hat ihn nach Bensheim begleitet. Er kommt auch oft zu Besuch aufs Filmset, wenn André Jung auswärts dreht. „Wir vermissen einander halt auch ab und zu.“
In der Nachdenklichkeit im Gespräch findet man jenen André Jung wieder, den man von der Bühne kennt....