„Ich bin Ihnen fortdauernd reichlich gewogen, Madame!“, behauptet Bertolt Brecht im Februar 1924 am Ende seines ersten Briefs an Helene Weigel. Das sollte in den folgenden 32 Jahren auch so bleiben, obwohl seine zahlreichen Affären den Glauben der Weigel daran auf harte Proben stellten: „Dein Vater war ein treuer Mann“, vertraute sie später ihrer Tochter Barbara an. „Leider zu vielen.“ In diesem Satz stecken die Lebensklugheit und der Humor, mit denen Helene Weigel nicht nur die privaten Krisen, sondern auch die Jahre im Exil und die Schwierigkeiten beim Aufbau des Berliner Ensembles ab 1949 meisterte. Man würde gern mehr von ihren frühen Briefen lesen, doch die meisten sind wohl verloren gegangen. Aber vielleicht taucht ja eines Tages noch ein Koffer auf einem skandinavischen Dachboden auf, wie jener aus dem Schweizer Nachlass von Victor N. Cohen, der zum Anlass dieser Ausgabe wurde.
Die 40 unbekannten Briefe Brechts, die der vergessene Koffer enthielt, zeugen davon, dass der Stückeschreiber wusste, wen er an Helene Weigel hatte. „An Bergner sah ich, was für eine Schauspielerin du bist“, telegrafierte er seiner Frau im Oktober 1946 nach der New Yorker Premiere der „Duchess of Malfi“. Seine Briefe nach Santa Monica beziehen sich auf diese Arbeit und...