„Wo ist die Uhr, die immer falsch ging?“ So lautet die Eingangsfrage in Lewis Carrolls rasanter Zeitreise „Alice im Wunderland“, die vor Weihnachten in Neustrelitz in der Regie von Tatjana Rese zur Premiere kam. Ein absurder Wettlauf mit der Zeit! Wer hat gewonnen? Sie ist davongelaufen! Welch eine geballte Ladung Philosophie hüpft, schlendert, schleicht und tanzt da über die Bühne, die ein fantastischer Raum ist, in den man nur durch einen Spiegel gelangt (Ausstattung Jan Pusch und Wobine Bosch). Alice ist hier eine Tänzerin (alternierend Karoline Chmelensky und Judith Bohlen), eine fast stumme Begleiterin durch die Abgründe der Fantasie. Was ist Zeit, Chronos oder Kairos, der erfüllte Augenblick?
Der Carroll-Text hat viele Böden, und Tatjana Rese macht sie in ihrer Inszenierung alle sichtbar – jeder, der will, kann weit gehen in diesem Labyrinth. Da zeigt sich ihre große Sicherheit im Umgang mit aufschließenden Bildern auf der Bühne. Poesie bedeutet hier, Übergänge von sinnlichem Spiel zu gedachter Form zu finden. Mal unmerklich fließend, mal abrupt mit hartem Schnitt hinüberwechselnd. Wann also ist er da, der richtige Augenblick? Nicht zu früh und nicht zu spät! Erst hinterher weiß man, ob man ihn erkannt und ergriffen oder aber versäumt hat. Es ist der...