Immer hungrige Rabenmütter
Die Artistinnen von still hungry im Porträt
von Frauke Thiele
Erschienen in: Arbeitsbuch 2022: Circus in flux – Zeitgenössischer Zirkus (07/2022)
Assoziationen: Akteure
Sie haben sich vor gut zehn Jahren am Berliner Chamäleon Theater kennengelernt: Romy, Anke und Lena. Romy hatte da schon zwei Kinder, die anderen wurden kurz darauf schwanger. Das hätte das Aus für ihre Karriere als Artistinnen bedeuten können. Stattdessen taten sie sich zusammen und haben mit ihrer Kompanie still hungry ein ganz persönliches zeitgenössisches Zirkusstück entwickelt: „Raven“.
Die Empörung schwingt mit im Wort: Rabenmutter
„Raven“ bezieht sich auf das so typisch deutsche Wort „Rabenmutter“. Ein so hartes Wort, welches diejenige brandmarkt, die man damit bezeichnet: als schlechte Mutter, als eine, die es einfach nicht hinbekommt, die ihr Kind im Stich lässt – unmöglich! Die Empörung schwingt mit, wenn man das Wort ausspricht: Rabenmutter! Und genau diesem mitgedachten Vorwurf, den eigenen Selbstzweifeln und der Zerrissenheit widmen sich die Artistinnen in ihrem Stück „Raven“, mit dem sie seit vier Jahren erfolgreich von Berlin aus international unterwegs sind, die Pandemiepause natürlich ausgenommen.
Der Anspruch: funktionstüchtige Körper und jederzeit mobil
Als Artistinnen und Mütter haben sie den Widerspruch zwischen dem, was vor der Geburt ihrer Kinder war, und dem Danach besonders dramatisch erlebt: Ihre Körper, die immer hervorragend funktioniert haben und für ihren Beruf so essenziell sind, waren andere. Der Anspruch blieb aber:...