Das 2009 in Göttingen uraufgeführte „Zorn“ ist ein Krisenstück. Die Geschichten von Liebe und Verzweiflung, Terrorangst und Geldgier werden mit acht Figuren in einer Short-Cut-Dramaturgie miteinander verwoben. Die in Georgien geborene Autorin Nino Haratischwili, in Hamburg als Regisseurin ausgebildet und hier vor allem als Romanautorin bekannt, wollte es nach der Uraufführung unbedingt auch selbst inszenieren. So entstand am Theater Freiburg das Projekt einer bilingualen deutschgeorgischen Koproduktion, die im Frühsommer am Tumanischwili Theater in Tbilissi Premiere feierte.
In ihrem Herkunftsland ist die auf Deutsch schreibende und inzwischen auch ins Georgische übersetzte Haratischwili zwar keine zentrale Figur der Theaterszene, dafür aber als die heute in Deutschland bekannteste georgische Autorin umso mehr geschätzt. Ihre Inszenierung setzt die Figuren im Bühnenbild von Julia Bührle-Nowikowa um eine mit Kleidungsstücken behängte Spirale: riskantes Klettergerüst und Käfiggitter zugleich – vor allem aber ein offenes Bild für eine Gesellschaft im brüchigen Übergang zwischen postsowjetischer Last und westlicher Gegenwart, in der eine mit Reality-Trash erfolgreiche TV-Produzentin gar nicht so weit entfernt von einem Aussteiger im Wald lebt, der die neue Konsumkultur ablehnt. Das wurde in Tbilissi vom Publikum wahrscheinlich noch drängender empfunden als in Freiburg, wo ein Mann, „der nach den Sternen sucht“, in heutigen Kontexten eher als Spinner...