Theater der Zeit

Ästhetische Erfahrung

von Moritz Johannes Ott

Erschienen in: Recherchen 168: Der urheberrechtliche Schutz performativer Kunst – Theater, Aktion, Performance (09/2023)

Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt hervorgehoben, dass eine essenzialistisch, formalistisch oder gar normativ abschließende Definition des Begriffs der Kunst nicht leistbar und auch nicht unbedingt wünschenswert ist, weil sie dem offenen Charakter der Kunstfreiheit widersprechen würde.1473 Im Hinblick auf den Normzweck der Kunstfreiheitsgarantie hat es aber wiederholt auf die ästhetische Erfahrung oder auf die ästhetische Wirkung des Kunstwerkes auf die außerkünstlerische Wirklichkeit abgestellt. So hat es etwa in seinem »Mephisto«-Urteil ausgeführt, dass ein

»Kunstwerk nicht nur als ästhetische Realität wirkt, sondern daneben ein Dasein in den Realien hat, die zwar in der Darstellung künstlerisch überhöht werden, damit aber ihre sozialbezogenen Wirkungen nicht verlieren. Diese Wirkungen auf der sozialen Ebene entfalten sich ›neben‹ dem eigenständigen Bereich der Kunst; gleichwohl müssen sie auch im Blick auf den Gewährleistungsbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewürdigt werden, da die ›reale‹ und die ›ästhetische‹ Welt im Kunstwerk eine Einheit bilden.«1474

Im Folgenden wird diese ästhetische Wirkung untersucht, und es wird der Frage nachgegangen, ob sich aus dieser Wirkung ein doppelter Zugang zur Welt begründen lässt.

1 Ästhetische Erfahrung aus der Perspektive des offenen Kunstbegriffs

Im Kontext der Definition des offenen Kunstbegriffs wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht das »kennzeichnende Merkmal...

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