Täuscht der Eindruck, oder ist das Theater tatsächlich, und nicht erst seit Corona, privater geworden? Die Schauspieler stehen nicht mehr auf Kothurnen, auch nicht im bildlichen Sinn, sie verschwinden nicht mehr vollständig hinter ihren Rollen. Man kann das einen performative turn nennen, eine Trendwende von der klassischen Literaturrezeption hin zum Performativen, aber es ist wohl zugleich weniger und mehr. Wenn sich zwei Männer auf der Bühne küssen, oder wenn eine Frau eine andere fragt: „Magst du mich?“, dann kann man fast sicher sein, dass dahinter auch sehr persönliche Statements stehen; Statements, mit denen Akteure sich aus der Deckung eines kanonischen Textes hervorwagen und eine Überschreitung riskieren, mit der sie die eigene Biografie oder eigene Impulse gewissermaßen in die Vorlage, mit der sie es zu tun haben, einklinken.
Der Regisseur Christopher Rüping, der den Abend mit dem langen Titel „Das neue Leben – where do we go from here, frei nach Dante Alighieri, Meat Loaf und Britney Spears“ am Schauspielhaus Bochum inszeniert hat, nennt seinen Ansatz „unplugged“. Soll heißen: bescheiden, unspektakulär, direkt, ohne Überformung. Vor allem aber zeichnet der Abend sich dadurch aus, dass er die Persönlichkeit der fünf Mitwirkenden in den Mittelpunkt stellt. Zwei Deutsche, eine Niederländerin, eine Belgierin, ein...