Magazin
Der Sammler
Zum Tod des Theater- und Literaturwissenschaftlers und bedeutenden Brecht-Forschers Werner Hecht
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Dickicht der Städte – Shermin Langhoff über die Dialektik der Migration (04/2017)
Die 1315 Seiten umfassende „Brecht-Chronik“ darf man wohl als das Hauptwerk von Werner Hecht ansehen, der in ihr seine Tätigkeiten als Literaturwissenschaftler, Archivar, Sammler, Bildaufspürer und Grundlagenforscher zusammenführte. Nachdem der damalige Suhrkamp-Leiter Siegfried Unseld das Projekt 1962 angeregt hatte, verfügte dieser 35 Jahre später für die zum bevorstehenden Brecht-Jubiläum anstehende Publikation einen schon mehrfach eingeforderten Redaktionsschluss, den Hecht in seinem Nachwort „einen gewaltsamen Abbruch des Arbeitsprozesses“ nannte. Dem in jeder Hinsicht rekordträchtigen Unternehmen mit präzisen Texten zu Daten, Namen, Zitaten und Zusammenhängen folgten daher 2006 noch einmal rund 150 Seiten „Nachträge“. Ein Fundament der Brecht-Forschung für alle Zeiten, das Werkentwicklungen, Arbeitszusammenhänge, biografische sowie historische Daten und „Einblicke in die Organisation des Privatlebens“ dokumentiert. Letzter Eintrag, 17. August 1956: „Bei der Beerdigung wird nicht gesprochen.“
Dass der 1926 geborene Werner Hecht ein solches magnum opus vollenden konnte – und dann immer wieder um weitere Brecht-Funde ergänzte –, hing wesentlich mit seiner Arbeit in unterschiedlichen Positionen im und um das Berliner Ensemble zusammen. Nach einem Studium der Germanistik in seiner Geburtsstadt Leipzig bei Hans Mayer gelangte er 1959, von Helene Weigel engagiert, als Dramaturg an dieses Theater. Doch statt der Produktionsdramaturgie weckten die damals noch weitgehend unveröffentlichten theoretischen Schriften Brechts sein Interesse....