Sich selbst begegnen statt zuschauen
In eine besondere Umgebung begibt man sich auch, wenn man entlang der massiven Mauern in den Erlanger Burgbergkeller hineinläuft und in der vollkommenen Dunkelheit schließlich jegliche Orientierung verliert. Plötzlich blitzen auf einer riesigen Leinwand nur für Sekunden grelle Muster und Formen auf und offenbaren nicht nur die beeindruckende Größe des Gewölbes, sondern hinterlassen visuelle Eindrücke, die unmittelbar auf der Netzhaut nachhallen, während tiefe Klangimpulse den Körper durchdringen. Ähnlich wie bei „FEED“ – Kurt Hentschlägers immersiver Installation, die uns bereits 2009 im Experimentiertheater mittels dichtem Nebel und Stroboskoplicht in eine psychedelisch-rauschhafte Farben- und Musterwelt eintauchen ließ – scheint auch seine aktuelle Arbeit „SOL“ Raum und Zeit aufzulösen und konfrontiert die Besucher*innen mit der eigenen Wahrnehmung, indem unmittelbar erlebte visuelle, akustische und sensorische Resonanzen ästhetischer Vorgänge das gewohnte Körperempfinden radikal herausfordern.
Moran Duvshanis „Cardiophone“ lenkt die Aufmerksamkeit noch weiter ins Körperinnere und nimmt die Besucher*innen während ihrer Einzeltermine mit auf eine Reise zu sich selbst. In der Stille und Geborgenheit der Neustädter Kirche werden im Laufe dreier, immer weiter den Turm hinaufführender Stationen zunächst die Herztöne aufgezeichnet und in einen Lochstreifen gestanzt, der dann schließlich mittels einer Spieluhr die ganz persönliche Herzmelodie erklingen lässt – simpel und...