Theater der Zeit

Gespräch

Sweet Dreams?

Zwei Adaptionen von Ottessa Moshfeghs Roman „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ stehen zum Saisonauftakt auf den Spielplänen deutschsprachiger Theater: Am Münchner Volkstheater hat Katharina Stoll inszeniert, Ewelina Marciniak am Schauspielhaus Graz. Ein Dialog

von Anne Fritsch und Hermann Götz

Erschienen in: Theater der Zeit: Amerikanisches Theater (11/2024)

Assoziationen: Österreich Bayern Theaterkritiken Dossier: USA Ewelina Marciniak Katharina Stoll Schauspielhaus Graz Münchner Volkstheater

Ruth Bohsung und Liv Stapelfeldt in „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ nach dem Roman von Ottessa Moshfegh am Münchner Volkstheater. Regie Katharina Stoll
Ruth Bohsung und Liv Stapelfeldt in „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ nach dem Roman von Ottessa Moshfegh am Münchner Volkstheater. Regie Katharina StollFoto: Gabriela Neeb

Anne Fritsch: Die Idee klingt durchaus verlockend. Einfach mal Winterschlaf halten, sich für ein paar Monate der Außenwelt komplett entziehen, all den schlechten Nachrichten, den beruflichen und privaten Anforderungen, dem Stress. Stattdessen: durchschlafen. Die namenlose Protagonistin in Ottessa Moshfeghs Roman „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ aus dem Jahr 2018 tut im New York um die Jahrtausendwende genau das. Zunächst versucht sie, aus freien Stücken möglichst viel von Tag und Nacht zu verschlafen, doch weil der Mensch für gewöhnlich eben keinen Winterschlaf hält, befriedigt sie ihr natürlicher Schlaf-Wach-Rhythmus nicht. Sie wendet sich an die obskure Psychiaterin Dr. Tuttle, die ihre Aufgabe darin sieht, möglichst großzügig Psychopharmaka an ihre Patientin zu verteilen. Eine erste Adaption fürs Theater gab es schon 2020 in der Regie von Yana Ross am Schauspielhaus Zürich – wie steigt Ewelina ­Marciniak in der österreichischen Erstaufführung in Graz in die Geschichte ein?

Hermann Götz: Ein erotischer Hundetraum eröffnet Marciniaks Inszenierung in Graz. In tiefes Rot getaucht wälzt sich Luiza Monteiro als „Sie“ in einem Bodentanz des Begehrens mit einem von Dominik Puhl hingebungsvoll gespielten Hund über die Bühne. Die Szene erzählt von Lust, aber auch von albtraumhafter Halluzination. Und sie verschränkt verschiedene über das Buch verteilte Absätze zu...

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