3 Spielästhetiken
von Florian Evers
Erschienen in: Recherchen 139: Theater der Selektion – Personalauswahl im Unternehmen als ernstes Spiel (11/2018)
Zu einer Ethik des Spiels, wie sie der vorangehende Abschnitt andeutet, äußert sich Huizinga wie folgt:
Das Spiel liegt außerhalb der Disjunktion Weisheit – Torheit, es liegt aber auch ebensogut außerhalb der von Wahrheit und Unwahrheit und der von Gut und Böse. Obwohl Spielen eine geistige Betätigung ist, ist in ihm an sich noch keine moralische Funktion, weder Tugend noch Sünde, gegeben.70
Auch diese ganz richtige Beobachtung muss wiederum für das Ideal-Spiel gelten, das sich jedoch in den konkreten Spielen durchmischt mit anderer Intention manifestiert. Denn Spiele, vom Ego-Shooter im Kriegssetting über Blackfacing auf deutschen Bühnen und, wie im ersten Kapitel dargelegt, auch der Diskurs um Intervention und Manipulation in den Ernsten Spielen des Applied Theatre sind selbstverständlich Gegenstand einer Debattenkultur darüber, was gezeigt und was gespielt werden sollte, wie es auf die Wirklichkeit referiert und wie es Menschen moralisch und politisch beeinflusst. Allein, diese Kategorien sind nicht jedem Spiel an sich inhärent – abstrakte Brettspiele können, wie Schach, auch auf ein politisches System rekurrieren, in dem der König schützenswert, der Bauer als entbehrlich erklärt wird. Sie können aber auch, wie Halma oder Backgammon, völlig frei von Bezügen zu einer sozialen Ordnung und ihrem moralphilosophischen Selbstverständnis sein.
Mit dem...