Es gibt Begriffe und Modelle, die finden kaum ohne Zutun aus ihren Zusammenhängen und aus ihren Wortfeldern heraus; ja, oft scheint es geradezu müßig, Fachterminologie herauszulösen und in andere Kontexte zu stellen. Jetzt beweist Eva Holling allerdings, dass so ein interdisziplinäres Unterfangen auch enorm ertragreich sein kann. Die Theaterwissenschaftlerin geht der „Übertragung“ nach und speziell der „Übertragung im Theater“, so der Titel ihrer Publikation. Jacques Lacan, der den von Freud 1905 entwickelten Begriff der Übertragung in seinen Seminaren weiterentwickelt und diskutiert hat, behauptet nämlich, Übertragung sei etwas, das zwar in der Psychoanalyse beschrieben worden sei, aber als „natürliches“ Modell für intersubjektive Situationen auch in vielen anderen Bereichen vorkomme. Hollings Buch schafft jetzt verschiedene Sachen gleichzeitig: Es bietet eine praktische wissenschaftsgeschichtliche Einführung zum Begriff der Übertragung in der Psychoanalyse, liefert dazu eine geisteswissenschaftliche Diskussion von Platons „Symposion“ (das Lacan als Grundlage für seine Ausführungen diente) und spannt den Bogen zur Problematisierung des Subjekt-Begriffs in der zeitgenössischen Kunst, um schließlich auf der Zielgeraden in einem großen Wurf „Theater als Übertragungsraum“ schlechthin in den Blick zu nehmen. Illustriert ist diese breit angelegte Studie mit Ausflügen zu künstlerischen Positionen von u. a. Cuqui Jerez, Forced Entertainment, Rimini Protokoll – und nicht zuletzt zu „The...