Theater der Zeit

was macht das theater?

Was macht das Theater?

Der Regisseur und Künstlerische Leiter Mike Payette … über einen Neuanfang

von Mike Payette

Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Kanada (09/2021)

Assoziationen: Akteure Nordamerika

Anzeige

Anzeige

Nach dem Mord an George Floyd in den Vereinigten Staaten (dem unerträglicherweise ständig weitere Namen folgen) rief die #BlackLivesMatter-Bewegung nachdrücklicher denn je zum Handeln auf. Das war in Kanada nicht anders, und wir wissen, dass die Soldat:innen unserer Schwarzen Community ohnehin nie aufgehört hatten, zu kämpfen. Genauso wenig wie unsere Indigenen Communitys, die sich gegen die historischen Ungerechtigkeiten in unserem Land auflehnen. Als Theaterkompanien ihre Solidarität in den sozialen Medien durch schwarze Quadrate und Hashtags ausdrückten, war der Schrei nach einer tiefgreifenden Veränderung innerhalb unserer Institutionen spürbar, und er ist es immer noch. Es genügt nicht, mit einem Transparent zu wedeln, zur richtigen Arbeit gehören Taten und Veränderung und ein grundlegendes Nachdenken darüber, wie Inklusion, Akzeptanz und Barrierefreiheit in unserer Theaterlandschaft aussehen. Im Moment befinde ich mich in einer Übergangszeit: Ich verlasse meine Aufgabe bei Geordie, einer der magischsten Kompanien für Kinder- und Jugendtheater auf diesem Planeten, und widme mich einer neuen, als Künstlerischer Leiter des Tarragon Theatre in Toronto, einer mehrfach ausgezeichneten, 50 Jahre alten Kompanie, berühmt für ihren Einsatz für zeitgenössische Dramatik, künstlerische Innovation und nationale Reichweite. Wenn ich über diesen entscheidenden Schritt nachdenke, erinnere ich mich an die Schwarzen Künstler:innen, die Führungspersönlichkeiten, die Leute, die mich inspiriert haben. Ich will versuchen, ihr Vermächtnis auf diesem Pfad weiterzutragen. Ich glaube, dass Theater zum Denken provoziert und zum Dialog zwischen unterschiedlichen Gemeinschaften anregt. Ich glaube an Geschichten, die menschliche Komplexität feiern, in denen wir sowohl unsere Unvollkommenheiten als auch unseren beständigen Überlebenswillen anerkennen. Ich glaube, dass Kunst und Künstler unsere Zukunft weiterhin tiefgreifend bestimmen werden. Das Teilen von Erfahrung erlaubt es uns, voneinander zu lernen und gemeinsam weiterzukommen. Ich glaube an unsere Stärke und an unsere Fähigkeit, uns füreinander zu interessieren, was auch bedeutet, uns, wenn nötig, gegenseitig zur Verantwortung zu ziehen und zu kontrollieren und Herausforderungen als Entwicklungsschritte zu begreifen. Doch vor allem habe ich den festen Glauben, dass unsere Theatermacher:innen in der Lage sind, auf die Gegenwart zu reagieren und sich hinaus in Unbekannte zu lehnen. Heute, so wie immer schon. Dieses Wissen erlaubt es uns, im Balanceakt zwischen Kunst, Welt und Leben, im Chaos ein bisschen mehr Harmonie zu entdecken. //

teilen:

Assoziationen

Neuerscheinungen im Verlag

Cover B. K. Tragelehn
Charly Hübner Buch backstage
Cover XYZ Jahrbuch 2023
Recherchen 162 "WAR SCHÖN. KANN WEG …"
"Scène 23"
"Zwischen Zwingli und Zukunft"
Recherchen 165 "#CoronaTheater"
"Die Passion hinter dem Spiel"
Arbeitsbuch 31 "Circus in flux"
"Passion Play Oberammergau 2022"
Recherchen 163 "Der Faden der Ariadne und das Netz von Mahagonny  im Spiegel von Mythos und Religion"
Passionsspiele Oberammergau 2022
"Theater der Vereinnahmung"
Recherchen 156 "Ästhetiken der Intervention"