Nun gut: Christopher Rüping möchte zeigen, dass er seinen Stoff gelesen hat, dass er ihn verstanden hat und auch des Autors Biografie zu kontextualisieren weiß. Bertolt Brecht konnte sein Frühwerk „Trommeln in der Nacht“ nämlich nicht leiden. Seinem späteren Selbstverständnis war vor allem das feige Ende ein Dorn im Auge. Hauptfiguren, die aus Romantik und Bequemlichkeit die Revolution gegen private Idylle eintauschen, waren im reiferen Schaffen des führenden sozialistischen Dramatikers undenkbar. Christopher Rüping produziert an den Kammerspielen zwei Versionen des Stücks – von und nach Bertolt Brecht –, wobei er sich auf ebendiese Entscheidung des Protagonisten zwischen Heim und Kampf bezieht und in der zweiten Fassung die Revolution siegen lässt.
Dass die Inszenierung von Otto Falckenberg – von 1917 bis 1944 Leiter der Münchner Kammerspiele, der das Stück am selbigen Ort 1922 zur Uraufführung brachte – bei Rüping wiederbelebt wird, sollte nicht unerwähnt bleiben. Zu Anfang bekommt man eine dokumentarische Einführung, es wird darauf hingewiesen, dass die Regieanweisungen aus der originalen Textfassung umgesetzt werden. Vor den Augen der Zuschauer erhebt sich das historische Bühnenbild, die Schauspieler spielen sich ein, schminken sich, dann geht es los, ein bürgerliches Romanzenspiel im ersten der fünf Akte. Brecht hat ihn antithetisch zum Revolutionsduft in...