Roter Pilot
Frank Castorf und das (post)jugoslawische Theater
von Ivica Buljan
Erschienen in: Arbeitsbuch 2016: Castorf (07/2016)
Assoziationen: Dossier: Slowenien
Warum ist Frank Castorf der Regisseur, der in den letzten zwanzig Jahren die einflussreichsten Spuren im Theaterschaffen der Länder des ehemaligen Jugoslawiens hinterlassen hat? Dafür gibt es viele Gründe. Regisseure, Dramaturgen, Bühnenbildner und nicht zuletzt das Publikum lernten seine Inszenierungen relativ unsystematisch kennen. Erkennbar ist das unproportionale Verhältnis zwischen der Zahl der Gastspiele der Berliner Volksbühne und deren immenser Wichtigkeit. Die Einflüsse von Castorfs Poetik sind in den Werken von Generationen von Künstlern zu finden, die sich nach dem Zerfall des einst großen Landes herausbildeten, das mit seiner blockfreien Politik und dem dritten Weg, der unorthodoxen kommunistischen Ideologie, einen Leuchtturm für den gesamten Ostblock darstellte.
Paradoxerweise wurden Castorfs Inszenierungen am häufigsten in Bosnien und Herzegowina sowie in Serbien gezeigt, öfters als in Kroatien und Slowenien, wo wiederum seine Poetik stärkere Spuren hinterließ und zahlreiche Anhänger hat. Die professionelle slowenische und kroatische Theaterelite sah seine Arbeiten regelmäßig bei den Wiener Festwochen. Auf dem einst von Mira Trailovic´ und Jovan C´irilov gegründeten, berühmten Belgrader BITEF-Festival wurde 1996 die Inszenierung „Pension Schöller: Die Schlacht“ gezeigt, die auch den ersten Preis gewann, im Jahre 2011 war hier „Nach Moskau! Nach Moskau!“ (nach Tschechows Drama „Drei Schwestern“ und seiner Erzählung „Die Bauern“) zu sehen.
Auf...