Das neue Elektrotheater Stanislawski in Moskau, dessen Leitung vor zwei Jahren Boris Juchananow übernahm, ein Regisseur mit dem Ruf eines Experimentators, fiel unter den Theatern in der Hauptstadt sofort dadurch auf, dass es auf Provokation und einen radikalen Repertoirewechsel setzte. Es spielt in einem Gebäude, in dem sich zuvor das der klassischen Ästhetik verpflichtete Stanislawski-Theater befand; sowieso steht das Erbe des großen Schauspiellehrers in Moskau nach wie vor hoch im Kurs.
Heiner Goebbels’ Stück „Max Black oder 62 Arten, den Kopf mit der Hand zu stützen“ wurde zu einem weiteren Manifest der neuen Strategie. Dass die Uraufführung des Stücks 18 Jahre zurückliegt, ist möglicherweise auch Teil davon: Dem Theater der Klassik à la Stanislawski wird die Klassik eines anderen Theaters entgegengesetzt. Andere, später entstandene Stücke, die Goebbels beim Tschechow-Festival und beim Festival Goldene Maske zeigte – etwa „Eraritjaritjaka“, „Stifters Dinge“, „When the mountain changes its clothes“ –, waren für die Zuschauer eine größere Herausforderung als dieses.
Heiner Goebbels schafft in „Max Black“ ein Stück „außerhalb der Geschichte“. Was das Sujet angeht, so gibt es keins. Auch einen Protagonisten gibt es nicht; Hauptfigur ist kein Mensch, sondern das Denken. Goebbels verzichtet in seinem Stück auf jede Entwicklung. Es ist ein düsteres...