Es ist Nacht, die Jünger Jesu liegen zusammen, als wären sie ein Haufen Säcke. Es ist die Nacht am Ölberg. Im Dunkel blitzen plötzlich Autoscheinwerfer auf, die Polizei kommt, gekleidet als römische Zenturionen. Der weitere Ablauf der Szene ist bekannt, Judaskuss und Festnahme. Der Mythos der Passion ist offen nach allen Seiten, die Zeiten schieben sich ineinander. Es ist ein toller surrealer Moment, das heißt auf verrückte Weise realistisch, wie beim späten Luis Buñuel.
„Das neue Evangelium“ ist eine Auftragsarbeit der Stadt Matera im Süden Italiens, der Stadt der alten Felsenhöhlen, die 2019 eine der Kulturhauptstädte Europas war. Pier Paolo Pasolini hat seinen Jesusfilm dort gedreht, 1964, „Il Vangelo secondo Matteo“, und Mel Gibson, 2004, „The Passion of the Christ“. Auch Milo Rau will einen Jesusfilm drehen. Am Anfang sieht man, wie er das Terrain absteckt, topologisch und filmhistorisch, er erklärt seinem Jesus-Darsteller Yvan Sagnet, wieso diese Stadt so ideal ist für einen Jesusfilm: Dort drüben haben sie die Kreuzigung gedreht, da gibt es immer noch die viereckigen Löcher im Boden. Wenn wir drehen, machen wir einfach klick, und das Kreuz steht da. „Wie schön das hier ist“, sagt Yvan Sagnet, der Kameruner, der Aktivist. Ein schwarzer Jesus.
„Ich bin...