Gespräch über Regie
von O. Pyshow und B. Biblikow
Erschienen in: Theater der Zeit: Surrealismus und was man dafür hält (12/1946)
Assoziationen: Schauspiel Regie
Von Zeit zu Zeit bringt die sowjetische Theaterpresse Polemiken über die Stellung und die Bedeutung der Regie im heutigen Theater und über ihr Verhältnis zum Darsteller. Alle diese oft sehr verschiedenen Äußerungen stimmen in einem überein: Sie stellen Schauspieler und Regie einander gegenüber wie zwei feindliche Lager. Unlängst erklärte sogar ein Regisseur, seine Aufgabe bestehe darin, den Widerspruch zwischen Schauspieler und Regisseur zu beseitigen!
Worin liegt die Gefahr dieser Erscheinung? Offensichtlich handelt es sich nicht um bedeutungslose „Widersprüche“, die man bei prinzipieller Erörterung der Frage nicht in Betracht zu ziehen braucht; anscheinend handelt es sich auch nicht um Schaffenskonflikte, die manchmal zwischen Schauspieler und Regisseur ebenso entstehen wie zwischen den Teilnehmern jeder beliebigen anderen Kollektivarbeit. In der völligen Unterbindung derartiger Konflikte im Theater wird man übrigens schwerlich eine besondere Aufgabe sehen, weil gerade Arbeitsstreitigkeiten oft der Wahrheit zum Durchbruch verhelfen. Nein, es ist klar, daß hier ein gewisser uralter Antagonismus besteht, dessen grundsätzliche Liquidierung nach gelegentlicher Meinungsäußerung der Beteiligten nur durch die Beseitigung einer der beiden Parteien möglich wäre – und zwar durch die Beseitigung der Regie.
Kann man nicht die Funktion des Regisseurs dem Zuschauer übertragen, indem man bereits das erste Entzücken oder die erste Ablehnung des Zuschauers als...