Magazin
Sonny Boy
Prinzipiell nicht ohne Humor – Ein Nachruf auf Neil Simon, den König des Broadway
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Nino Haratischwili: Fürchtet den Frieden (10/2018)
Nach Tantiemen gerechnet, war er der erfolgreichste amerikanische Dramatiker aller Zeiten. 1966 liefen, ein weiterer Rekord, vier Neil-Simon-Stücke gleichzeitig am Broadway, während das süffige Boulevardfutter mit garantiert hoher Lachfrequenz auch in Europa und an deutschen Bühnen die Kasse klingeln ließ und so gut wie jedes seiner großen Stücke in Hollywood verfilmt wurde. So richtig diese Sicht auf den kommerziell erfolgreichen Komödienschreiber ist, so unvollständig ist sie aber auch.
Denn Neil Simon, 1927 in der Bronx geboren und in Manhattan aufgewachsen, gehörte einer Generation von jüdisch-amerikanischen Autoren an, die ab den fünfziger Jahren in der Literatur und im Theater tonangebend wurden. Zu ihr zählten Saul Bellow, Bernard Malamud, Arthur Miller und nicht zuletzt Philip Roth, mit dessen Werk die Stücke Simons einiges gemein haben. Diese Autoren begleiteten und beschrieben den Aufstieg der jüdischen Mittelklasse, wobei sie noch die Großeltern aus Europa im Ohr hatten sowie die Große Depression der dreißiger Jahre und das Schicksal ihrer Eltern in der Erinnerung. Die Ankunft im Wohlstand, was hieß, im Nachkriegsamerika als Arzt, Rechtsanwalt oder Künstler zu arbeiten, verlief nicht bruchlos. Die nostalgische Verklärung der jüdischen Herkunft und das Ausprobieren von neuen Lebensweisen in den sechziger Jahren mündeten – wie bei den Figuren Philip Roths...